"Pop meets Opera" in der Staatsoper Wien
Ein weiteres unübertreffliches Highlight gab es heute in der seit Wochen ausverkauften Wiener Staatsoper zu bejubeln: „Pop Meets Opera“. Neben hochdekorierten Stars des Wiener Opernensemble trieb insbesondere Weltstar Diego Flores bei seiner wuchtvoll, temperamentvoll und schlichtweg perfekten Interpretation des Operettenklassikers „Dein ist mein ganzes Herz“ den Zuschauern nicht nur die Tränen ins Gesicht, sondern sorgte für stehende Ovationen in der Oper. Als er dann getreu dem Motto der Konzertmatinee zur Gitarre griff und „Besame mucho“ oder „Granada“ nur von sich selbst begleitet so gefühlvoll und mitreißend, wie selten gehört, darbot, hielt es wiederum keinen mehr auf seinem Platz und im Nachhinein hörte man nur Worte wie „schlichtweg wunderbar, sensationell, unglaublich, ein traumhaftes Erlebnis“, die eigentlich alle nur unzureichend diesen musikalischen Genuß beschreiben konnten. Aber, und das war die eigentliche Sensation, auch vier ESC-Teilnehmer nahmen teil und können für ihren Mut, sich zusammen mit Weltklassestars der Klassikszene, auf der Bühne zu stehen, nicht genug geachtet werden. Wenn man dann auch noch sah, wie begeistert alle ESC-Teilnehmer an dem Konzert teilnahmen, wieviel Mühe sie sich gaben und wie achtungsvoll sie von den Musikern der Wiener Philharmoniker und den Klassikweltstars aufgenommen wurden, dann spricht dies Bände. Als erste bot Molly Sterling aus Irland, nach der Sopranistin Aida Garifullina auftretend, ganz ruhig und schier unbeeindruckt von der ungewohnten Kulisse ihren selbstgeschriebenen Titel „Build Fireworks Again“ dar – eine ruhige Klavierballade, die sie sicher, stillsicher und stimmsicher vortrug. John Karayiannis aus Zypern konnte offensichtlich sein Glück nicht fassen. Er, der sich durch eine Castingshow in Zypern zum Sieg gesungen hatte, stand nun im feinen Zwirn auf der weltbekannten Staatsopernbühne zu Wien und Mitglieder der renommierten Wiener Philharmoniker, die bekanntlich nicht mit jedem auftreten, begleiteten ihn bei einer kammerorchestral inszenierten Version von „One Thing I Should Have Done“. Großer Applaus war ihm sicher und ganz bestimmt hätte diese rein sich auf die außergewöhnliche Stimme von John konzentrierende Version auf der großen ESC-Bühne etliche weitere Liebhaber gefunden. Ein Raunen ging durch den Zuschauerraum, als ein einem schlichten und schlichtweg atemberaubenden engen schwarzen eleganten Kleid Debrah Scarlett zusammen mit Ketil Morland die Bühne betrat und beide auch ohne visuellen Schnickschnack der ESC-Inszenierung, ebenfalls „nur“ kammerorchestral es schafften, die Mystik und das Gänsehautgefühl von „A Monster Like Me“ auf die Opernbühne zu übertragen. Hatten schon die Kammerorchestermitglieder begeistert bei John diesem Beifall gezollt, steigerte sich dies bei den phänomenalen Norwegern weiterhin. Aber auch Ungarns Boggie, in einem eleganten cremefarbenen Kleid konnte die Stimmung perfekt einfangen und unterstützt von einem Kinder- und Jugendchor tosenden Applaus für sich und ihren Vortrag entgegen nehmen. Die aus den Neujahrskonzerten weltberühmte österreichische Moderatorin Barbara Rett, die in einem glitzernden blauen Kleid souverän zweisprachig durch das Programm führte, wies darauf hin, dass auch die Opernwelt Glitzer habe, diesen und Stimmkraft, eine Botschaft und Eleganz vereinbare ja auch ein Interpret, der wie Phönix aus der Asche gestiegen sei: Conchita Wurst. In einem taubenblauen fließenden Outfit schmetterte sie gewohnt makellos hnreißend „Rise Like A Phoenix“ und riß zu wahren Begeisterungsstürmen mit. In einem unverwechselbaren Conchita-Interview betonte sie auf offener Bühne, dass die von ihr soeben dargebotene kammerorchestrale Version eigentlich ihre Lieblingsversion sei, da sie so pur und rein sei und schlichtweg „live live“. Wieder einmal bezauberte Conchita durch kluge, witzige und zugleich der Oper ehrerbietende Worte. Zum Finale wurden alle Mitwirkenden auf die Bühne geboten und durften, was aufgrund des tobenden Beifalls wiederholt werden musste, das Trinklied aus Verdis „La Traviata“ zum Besten geben. Boggie, Morland und Debrah Scarlett sangen ebenso wie John textsicher auf Italienisch mit und es war wunderbar anzusehen, wie Debrah mit den anderen Musiker flirtete, Morland von den Klassiksängerinnen angeschmachtet wurde und zunächst den eher in ein Sportstadion passenden coolen Wikinger gab, aber schnell dem Charme der Damen erlag oder wie ehrfurchtsvoll John immer wieder sich offensichtlich zwickte und ungläubig sich wohl selber fragte, ob das alles wahr sei, was er gerade mitmache. Alle – ohne Ausnahme – wurden von den Weltstars an der Hand genommen und zur aus der Klassikwelt bekannten Gruppenverbeugung geführt – die Gespräche und die offenbar auf Augenhöhe geführten Konversationen zwischen den Klassikweltstars und John oder den Norwegern oder auch Boggie waren schön anzusehen und wirkten weder aufgesetzt. Hier trafen sich Musiker aus verschiedenen Welten, die einander das entgegenbringen, was auch der ESC vermittelt: wechselseitiger Respekt für und Achtung vor jedem, der mit Leidenschaft und Können auftritt. Barbara Rett zitierte den Chefintendanten der Wiener Staatsoper: Brückenschlagen ist immer besser als Wände hochzuziehen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Und so bedauerten alle, dass dieser einzigartige Augen- und Ohrenschmaus der so besonderen Art schon nach wie im Fluge vergangenen 1 ½ Stunden vorbei war. Wer dies selber miterleben will, sei auf die Fernsehaufzeichnungen des ORF verwiesen. (Klaus Woryna)
(Foto: Wolfgang Grube)
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